Nachrichtenarchiv

2024

15. Februar

Sachsen-Anhalts Finanzministerium hat 2021 Hardwarefirewalls für die Schulen angeschafft. 18 Millionen Euro inkl. Wartungsvertrag für zwei Jahre. Kaum jemand wollte sie, viele Schulen hielten ihre üblichen und schon vorhandenen Sicherheitskomponenten für ausreichend. Konfigurieren ließen sie sich auch nicht, so wurde teilweise das Internet sehr langsam, Drucker funktionierten nicht mehr. Der MDR hat nachgefragt: Die Geräte werden inzwischen, größtenteils ungenutzt, „fachgerecht entsorgt“, eingelagert oder zurückgeschickt.

Ein Schulträger antwortet, dass er die Firewalls des Landes nicht übernommen hat. Er setze aber Geräte des gleichen Herstellers mit der gleichen Schutz-Leistung ein – zu einem deutlich günstigeren Preis.

In vielen Schulen sind die Geräte nicht im Einsatz, auch weil die Landesregierung die Kosten nach den zwei Jahren nicht mehr übernimmt und den Wartungsvertrag gekündigt hat. Nun erhalten die Geräte „keine Updates und stellen dadurch ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar“, schreibt ein Schulträger. Andere berichten, sie haben eigene Firewall-Lösungen, die keine weiteren Kosten verursachen würden.

25. Januar

Im Dezember ließen strenge Regeln für Online-Gaming in China die Kurse mehrere Firmen einbrechen. Nun macht die Regierung offenbar einen Rückzieher.

19. Januar

Materialismus in sozialen Medien führt zu erhöhtem Stress und macht unglücklich, hat man jetzt an der Universität Bochum herausgefunden. Dazu wurden über 1.200 Menschen befragt. Es zeigte sich, dass eine stärkere materialistische Orientierung mit einer größeren Tendenz einhergeht, sich mit anderen zu vergleichen. Dies geschieht meist passiv, rein durch das Betrachten von Inhalten in sozialen Netzwerken. Die Angst etwas zu verpassen fördere wiederum den suchtartigen Gebrauch, so dass schnell eine Abwärtsspirale in Gang kommt mit Symptomen wie schlechter mentaler Gesundheit in Form von Stress und einer verringerten Lebenszufriedenheit.

3. Januar

Eine neue Form von Gewalt gegen Kinder erscheint gerade: „Cyber-Kidnapping“. Dabei werden Jugendliche unter Androhung von Gewalt gegen die Familie genötigt, ihre eigene Entführung vorzutäuschen. Die Familie wird dann mit Hilfe von Aufnahmen, die das Kind erstellen muss, erpresst.

Die Beschreibungen legen nahe, dass die Kriminellen zu keiner Zeit auch nur in der Nähe der jugendlichen Opfer sind. Stattdessen werden sie über das Internet manipuliert und gezielt dazu gebracht, Fotos und Audioaufnahmen anzufertigen, mit denen ihre Familien erpresst werden. Die Jugendlichen tun das, weil sie fürchten, dass ihren Angehörigen bei Nichtbefolgung etwas angetan wird, schreibt die Polizei.

In den USA sind solche „Entführungen“ wohl schon häufiger durchgeführt worden.

2023

23. Dezember

China ist im Regulieren von Missständen ja bekanntlich nicht zimperlich. Nachdem erst 2021 strenge Spielzeitbeschränkungen für Minderjährige gesetzt wurden, werden jetzt eine große Anzahl an Ausgaben- und Belohnungsmechanismen reguliert. Dazu gehören bestimmte Spielbelohnungen, wie z. B. für den täglichen Login und auch die (Echtgeld-) Ausgaben, die Spieler machen dürfen. Die beiden größten Spielehersteller in China verloren auf diese Ankündigung schlagartig fast 80 Mrd. Dollar Marktwert.


Nachtrag 25.12.: Die chinesischen Behörden haben als „Weihnachtskompensation“ 105 neue Spiele zugelassen, so viel wie seit anderthalb Jahren nicht.

15. Dezember

Nachdem Schweden angekündigt hat, in der Digitalisierung von Kindergärten und Grundschulen die Rolle rückwärts zu machen, wird es jetzt konkret: Das (Schul-)Buch ist zurück und wird liebevoll eingeführt:

„Ich gebe es Euch erstmal, damit ihr es euch in Ruhe anschauen könnt. Blättert es mal durch. Es ist ganz neu!“

Die Kinder stellen fest, dass man jetzt selber lesen muss, das hat vorher der Computer gemacht. Mit Folgen, wie eine Lehrerin feststellt:

„Die Lesegeschwindigkeit, der Wortschatz und das Leseverständnis sind insgesamt bei den Schülern zurückgegangen. Wir glauben, dass es daran liegt, dass wir zu viel digital gemacht haben.“

Auch die Eltern freuen sich über analoge Seiten, da sie viel leichter nachvollziehen können, was die Kinder eigentlich so machen.

7. Dezember

„Pisa-Schock“ (mal wieder): „Deutsche Schüler so schlecht wie nie“ (mal wieder):

Knapp ein Drittel der 15-Jährigen hat in mindestens einem der drei getesteten Felder nur sehr geringe Kompetenzen. Etwa jeder sechste Jugendliche hat in allen drei Bereichen deutliche Defizite. Die Anteile dieser besonders leistungsschwachen Jugendlichen sind seit 2018 größer geworden und betragen in Mathematik rund 30 Prozent, im Lesen rund 26 Prozent und in den Naturwissenschaften rund 23 Prozent.

Der Anteil der besonders leistungsstarken Schülerinnen und Schüler ist wiederum gesunken - in Mathematik auf knapp neun Prozent und im Lesen auf knapp acht Prozent. In den Naturwissenschaften blieb dieser Anteil bei etwa zehn Prozent stabil.

Was folgt? Es wird viel geredet werden und anschließend vermutlich Symptombekämpfung betrieben. Der zumindest zeitliche Zusammenhang mit der zunehmenden Smartphonenutzung wird dabei weitestgehend ausgeklammert. Dazu fehlen natürlich in den dringend sanierungsbedürftigen Schulen dieses dringend sanierungsbedürftigen Bildungssystem auch noch dringend jede Menge nichtsanierungsbedürftige Lehrer.

Dazu ein sehr lesenswertes Interview mit Prof. Gertraud Teuchert-Noodt

1. Dezember

Wegen der KI: Uni in Prag schafft Bachelorarbeiten ab (Paywall)…

…und ersetzt sie möglicherweise durch etwas viel Sinvolleres:

Wir werden den Abschluss des Bachelorstudiums auf eine praktische Art und Weise konzipieren, die viel weniger Raum für Plagiate lässt und von der die Studenten viel mehr nützliche Erfahrungen in ihr Leben mitnehmen werden.

26. November

Eine knappe Mehrheit der deutschen Bevölkerung befürchtet inzwischen, dass die Digitalisierung zu mehr Ungleichheit im Sozialen und in der Bildung führt. Im Bildungssystem wird dies von 53% der Befragten erwartet (2017 waren es noch 44%), nur noch 13% erwarten keine größere Ungleichheit, 2017 waren es noch 51%.

23. November

Diese Kundenkarten, die man jetzt überall hat, sind natürlich supersicher, wie alles, wo man heutzutage freiwillig alle seine persönlichen Daten abliefert. Blöd ist dann nur, wenn man seine Bestellungen (mit Adresse und allem drum&dran natürlich) auf einmal im Internet wiederfindet. Dann können das nämlich alle Anderen auch.

15. November

KI wird uns alle retten! Jetzt auch davor, dass wir uns für unsere Kinder ständig neue Geschichten ausdenken müssen. Denn jetzt soll die Toniebox, die uns bisher davor rettet unseren Kindern vorlesen zu müssen, dank KI auch Geschichten „erfinden“ können. Das geht ganz einfach in dem man ein Thema, den Namen und das Alter (damit der Inhalt angemessen ist) des Kindes angibt, und fertig ist die Geschichte, in der das eigene Kind endlich der Titelheld sein kann. Es gibt natürlich einen kleinen Haken:

ChatGPT kann schon aus knappen Prompts Märchen oder kurze Geschichten generieren – die Qualität ist allerdings offen bis fragwürdig.
[…]
Problematisch ist freilich, dass ChatGPT auch mal halluziniert. Das heißt, die Geschichten können im Zweifel Lücken in der Handlung haben, aber auch problematische Inhalte wiedergeben. Eine Moral von der Geschicht ist nicht unbedingt zu erwarten, kann es aber geben.

Aber natürlich gibt es Sicherheitsmechanismen die verhindern, dass pornographische oder gewaltvolle Inhalte generiert werden. Ja dann ist das Alles natürlich supersicher und kann zukünftig problemlos in die Kinderzimmer Einzug halten. Nicht.

14. November 2023

Nepal vebietet Tik-Tok. Alle anderen Sozialen-Netzwerke, die in Nepal tätig sind, müssen Verbindungsbüros in dem Land einrichten.

12. November 2023

Der Meta-Konzern (Facebook, Instagram etc.) sieht sich aktuell mit dem Vorwurf der vorsätzlichen Gefährdung Jugendlicher konfrontiert und wird vom US-Bundesstaat Massachusetts angeklagt. Zur Debatte stehen unter anderem die bewusst eingesetzten Mechanismen, Nutzer in der App zu halten und sie zu bewegen, diese auch immer wieder aufzurufen, gepaart mit zu laxen Zugangsbeschränkungen für Instagram (in den USA erst ab 13 Jahren freigegeben) und damit der bewussten Inkaufnahme, Kinder, die noch nicht über die nötigen Kontrollmechanismen sich diesen Produktdesigns willentlich zu entziehen verfügen, zu schädigen.

Laut der Klage ist dem Social-Media-Unternehmen aufgrund interner Untersuchungen durchaus bekannt, welche Auswirkungen die Plattformen auf Kinder und Jugendliche haben. Zumal Meta über mehr als 33 Millionen US-Nutzerdaten verfüge und diese analysiere. Auch treffe man gezielt Designentscheidungen, die bekannte Schäden für junge Nutzer verschlimmern würden, wenn dahinter die Aussicht auf mehr Profit stehe. Das Unternehmen stelle sich bewusst gegen die Ergreifung von Maßnahmen, die Schäden von Jugendlichen mildern und das Wohlbefinden verbessern würden.

An dieser Meldung ist kaum etwas Neues, seit Jahren weiß man, dass sich Zuckerberg um des Profits willens und wider besseren Wissens quasi gegen jeden Nutzerschutz stellt.

Zusätzlich habe Meta nicht nur sein Wissen über die von Instagram verursachten Schäden verheimlicht, sondern Kampagnen gestartet, um die Öffentlichkeit zu täuschen und ihr vorzugaukeln, dass Sicherheit und Wohlergehen der Jugendlichen dem Social-Media-Riesen am Herzen liege und Priorität habe. Stattdessen bestreite das Unternehmen einfach die intern bekannten negativen Auswirkungen und entscheide sich gegen abmildernde Maßnahmen, die die eigenen Beschäftigten angeführt hätten.

Vielleicht erreicht die Klage ja diesmal eine Änderung der Praxis.

8. November 2023

Kennen Sie das: Sie loggen sich aus dem Netzwerk aus und auf Ihrem Gerät sind alle Daten gelöscht? Klingt komisch, ist aber jetzt zwei Abi-Klassen aus Koblenz passiert. Unterrichtsmaterial, Notizen, alles weg, weil ja alles nur noch digital verarbeitet wird. Das ist natürlich Pfusch, denn eine Netzwerkpanne löscht normalerweise keine Daten, aber Pfusch kommt eben schonmal vor. Gut, dass es Backups gibt. Oh, Moment: Offensichtlich hat keiner die Schüler darüber informiert, dass sowas sinnvoll ist und sie sich selber darum kümmern müssen:

Die Stadt Koblenz bedauert die Schwierigkeiten, die vor allem die Abiturienten jetzt haben. Sie betont aber auch, dass es wichtig sei, dass die Schülerinnen und Schüler immer wieder Kopien ihrer Dokumente für den Notfall abspeicherten. Allerdings räumt die Stadt auch ein: „Dies ist, wie wir jetzt wissen, jedoch nicht flächendeckend kommuniziert worden.“

Beim Speichern müssten sich die Schülerinnen und Schüler allerdings an bestimmte Sicherheitsstandards halten: Sie dürften ihre Daten nicht in Clouds speichern, deren Server außerhalb der EU betrieben werden. Das sei wichtig, um sensible und persönliche Daten zu schützen.

Offensichtlich gibt es ja heute neben der Cloud (und KI natürlich!) überhaupt keine anderen Datenverarbeitungsmöglichkeiten mehr… kann man also nix machen (wie hat man das eigentlich gemacht, bevor es die Cloud gab?). Man kann Backups übrigens auch verschlüsseln und dann in der Cloud speichern, wobei das fast etwas lächerlich ist, da die Geräte und Apps ja sowieso schon fast alles nach Hause erzählen.

22. Oktober 2023

Dass das Erleben und Anschauen von Kriegs- und Gewaltinhalten jeglicher Art seelische Spuren hinterlässt ist relativ offensichtlich und auch keine neue Erkenntnis. Neu ist die Unmittelbarkeit und die Qualität, mit der wir heute durch die digitalen Medien an den Krisen der Welt teilhaben können. Der Reiz, sich mit diesen Nachrichten zu konfrontieren steckt tief in uns:

Unser Gehirn ist immer auf der Suche nach Stimulation. Ich spreche gerne von unserem Steinzeithirn, weil die grundlegenden Mechanismen dieselben sind wie damals bei unseren Vorfahren. Das Gehirn hatte schon immer vor allem eine Aufgabe: den Körper, in dem es steckt, am Leben zu halten. Deshalb haben wir alle eine Vorliebe fürs Negative. Das ist evolutionsbiologisch total sinnvoll. Eine verpasste negative Nachricht kann womöglich den Tod bedeuten.

Das wiederholte Ansehen solcher Darstellungen kann auf der einen Seite abstumpfend sein, im anderen Extrem zu einem starken Rückzugsverhalten führen, indem man ganz aufhört sich zu informieren. Auch das ist nicht weiter überraschend. Aber dass der Stress, den ein Gewalt- oder Kriegsereignis bei Menschen auslöst, die (wiederholt) über die Medien davon erfahren, kurz- und langfristig z. T. sogar höher sein kann, als wenn man selber vor Ort gewesen wäre, ist dann doch eine Meldung wert. Eine wissenschaftliche Erklärung dafür gibt es bisher nicht.

Das Interview mit der Neurowissenschaftlerin Maren Urner ist sehr informativ und lohnt sich in Gänze zu lesen.

17. Oktober 2023

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat ihre Empfehlungen zum richtigen Umgang mit Alkohol angepasst:

Alkoholkonsum sollte von jeder Person reduziert werden, unabhängig davon, wie viel sie trinkt. Am besten ist es, keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Alkoholische Getränke bergen Risiken, wenn es um die physische Gesundheit der Menschen geht.

Vorher wurde immer noch eine gewisse Menge als unbedenklich eingestuft: Maximal 24 Gramm Reinalkohol pro Trinktag bei Männern und 12 Gramm bei Frauen, das entspricht zwei bzw. einem kleinen Bier.

Vielleicht kommen wir da mit den pädiatrischen Empfehlungen für die Nutzung digitaler Medien, der neuen Volksdroge, auch irgendwann hin.

15. September 2023

Wuppertaler Schulen müssen ungenutzte iPads in Betrieb nehmen oder die Förderung zurückzahlen. Von 14.000 angeschafften iPads im Wert von 9 Millionen Euro laufen 60% nicht, da das Personal zur Einrichtung und Administration fehlt und auch der Papierkram für die umfangreichen Nutzungsverträge, die mit den Eltern geschlossen werden müssen, nicht zu bewältigen ist.

Am Ende profitiert also vor allem Apple, die Geräte sind bezahlt und geliefert. Und die Schüler hätten noch eine Zeit lang die Chance auf echte Medienkompetenz abseits von undurchsichtigen proprietären Digital-Ökosystemen.

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